Name und Wappen der Krosigk's
Adlige Namen und Wappen stehen so häufig in wechselseitigen Beziehungen, Eins ergänzt oft das Andere, oder gab dem Anderen die Entstehung, dass bei Beurtheilung Eines derselben stets Beide in Erwägung zu ziehen sind. In der Regel ist das Wappen sichrer bezeichnend für eine alte Familie als der Name, der häufig noch bis in das 14te Jahrhundert hin sich ändert, sei es nach einem Besitzthum, sei es nach einer hervorragenden Persönlichkeit oder einem ausserordentlichen Ereigniss. So sehen wir viele alte Familien aus andersnamigen hervorgehen, und nur die Gleichheit oder Aehnlichkeit der Wappen deutet an, dass sie aus demselben Stamm entsprossen sind. So die Grafen Solms und die einstigen Grafen von Nassau, die Olvenstedts und die Kröcher, die ausgestorbenen Köhler, so wie die aus dem Winkel und die Krosigk's. Freilich soll hiermit nicht gesagt sein, dass gleiche oder ähnliche Wappen stets den Beweis fur ein und denselben Ursprung abgeben. Die ersten Wappenzeichen waren so einfach, dass dieselben sich in den verschiedensten Gegenden wiederholen, und in neuesten Zeiten sehen wir neue Familien mit alten, sowohl ausgestorbenen als auch noch blühenden Geseblechtsnamen, und selbst mit den dazu gehörigen Wappen ausstaffiren.
Wie bereits vorstehend gesagt fällt die Entstehung der
Wappen in eine frühere Zeit als die der Familiennamen. Erstere kamen
schon zur Zeit der Kreuzzüge und hauptsächlich durch dieselben in allgemeine
Aufnahme. Der Ritter, gepanzert vom Scheitel bis zur Zeh, war, vorzüglich
bei einem Zusammenfluss reisiger Schaaren, wie sie die Züge nach dem gelobten
Lande in bisher ungekannten Massen vereinigten, schwer oder gar nicht von
anderen Rittern in ähnlicher oder wohl gar gleicher Rüstung zu
unterscheiden. Auf dem Marsch und im Lager musste er seinem Geleit von
weitem erkennbar sein, im Gefecht, wo der Ritter durch seine fast zur
Unverwundbarkeit gesteigerte Erz-Umhüllung, sowie durch die überlegene, von der
Jugend satig geübte Handhabung der Waffen oft in einzelner Person durch
Tapferkeit, Geschick und Kraft eine Entscheidung berbeiführen konnte, wollte er
von Allen weither im Blachfeld erkannt sein. So wählte denn ein Jeder
eine Abbildung, welche an eine Begebenheit aus seinem Leben erinnerte,
sinnbildlich irgend eine ihm werthe Gefühlsrichtung bezeichnete oder sonst eine
Beziehung hatte, und schmeckte mit derselben seinen Schild. Auch der Helm
erhielt eine besondere Zier, und häufig wiederholte man auf demselben eine
Figur aus dem Schilde. So trug der Ritter auf seinen Waffen (up sinen
Wapen) die Bezeichnung seiner Person, und das rein und strahlend gehaltene
Wappen ward das Sinnbild seiner persönlichen Ehre. Mit der kostbaren
Rüstung, die häufig von Vater auf Sohn ging, und in Erinnerung der
Kriegsthaten, bei welchen dieselben in Gefecht und Turnier geglänzt hatten,
wurden die Wappen bald Erbtheil der Familien, und noch bis heut sind Schild und
Helmzier die wesentlichen Theile derselben.
Das Krosigksche Wappen führt in silbernem Schild drei
wagerecht übereinanderliegende rothe Pflugschaaren, den Helm schmückt ein roth
und weisser türkischer Bund, ein Rautenkranz oder die freiherrliche Krone, aus
welcher zwei aufrechtstehende, mit dem Rücken geaen einander gekehrte, durch
einen goldenen Balken mit einander verbundene rothe Pflugschaaren
hervorragen. Als Schildhalter dienen gewöhnlich die wilden Männer oder
zwei beraldische Greife, wenn nicht der Mantel in den Wappenfarben, roth und
weiss, den Schild umgiebt.
Ueber die Entstehung oder Ableitung dieses Wappens, das
schon durch seine Einfachheit sein hohes Alter dokumentiert, giebt es die
verschiedensten Versionen, Anton König nennt die Wappenbilder "rothe
Seches", eine Art von Kriegsgewehr dergleichen sich ehemals die
Kaiserlichen Hartschiere bedient, und zeigten auch die Tinkturen, dass eine
kühne und tapfere That, sonderlich an seinem Feinde zu rächen, hierzu
Gelegenheit gegeben habe." Andere behaupten, sie stellen eine Art
römischer Opfergefasse dar, dolabra genannt, deren Zeichnung bei dem Misson, Monfaucon
und Anderen zu finden sei, und wären schon vor Einwanderung in die Sächsischen
Lande Merkzeichen der Familie gewesen. Mit dem Namen (Cruzek) in
Verbindung gebracht, hat man nachweisen wollen, die Wappenbilder seien die
Ecken eines Kreuzes und ungefahr in anstehender Art abgeschnitten und gebildet.
Da alle dergleichen Ableitungen in das Bereich der
Phantasiebilder und Fabel zu rechnen sind, etwas Positives über die Entstehung
des Wappens nicht auf uns gekommen ist und da bei dem Mangel in Schriftstücken
aus der Zeit der Einführung erblicher Wappen auch die gründlichsten Forschungen
hierin schwerlich von Erfolg sein möchten, muss die Art der Entstehung auf sich
beruhen, doch scheint mir im Gegensatz zu jenen geschraubten Hypothesen die
Annahme natürlicher und Zeit und Umständen entsprechender, dass die Besitzer
weiter Länderstrecken, für deren Bebauung, wohl gar Urbarmachung sie viel
gethan hatten, stolz auf das Mittel hierzu, welches sie vielleicht erst hier
eingeffihrt hatten, desselben Abbildung auf ihre Kriegswaffen setzten.
Die Schildhalter kamen erst in Gebrauch, als die Wappen
bereits längere Zeit erbliche Merkzeichen der Familien geworden waren, und sind
dieselben grossentheils nur ein Schmuck ohne heraldische Bedeutung, der je nach
dem Geschmack einzelner Individuen an dem stät-bleibenden Wappen
wechselt. Freilich hat man auch oft Schildhalter zu einem Wappen gesetzt
um das Andenken einer That oder eines Ereignisses zu bewahren imd durch diese
das Wappen "redend" gemacht, während Schild und Helmschmuck in seiner
ursprünglielien Reinheit verblieben; doch finden sich biefür bei dem
Krosigkschen Wappen keine Beläge, und habe ich demgemäss in anstehender
Abbildung nur diejenigen Zeiten berücksichtigt, wo noch anstatt der
Schildhalter oder heraldischen Decken der Name des Besitzers um das Wappen
eingeschrieben zu sein pflegte.
Die ältesten Wappen-Abdrücke, die es mir möglich gewesen ist aufzutreiben, habe
ich unter Dokumenten in dem Dresdener Haupt-Staats -Archiv und zu Maudeburg in
dem Provinzial-Archiv gefunden; dieselben sind in weissem, gelbem oder grünem
Wachs auf Pergament-Streifen oder an Schnüren den Schriftstücken beigeftigt und
grossentheils vollständig gut erhalten. Das älteste derselben Nr. 4. befindet
sich in mehreren Abdrücken in dem oberwähnten Archiv zu Dresden als
Beglaubigung der Unterschriften Hansens von 1856 bis gegen die neunziger Jahre
hin.
Dasselbe zeigt, eben so wie ein anderes Siegel von ihm Nr. 6, und das
seines Sohnes Hans Nr.
5, das Wappenbild nur über dem adlichen Helm. Bei dem in Nr. 5. sind die
Anlänge bereits angedeutet, aus welchen die heraldischen Helmdecken, später die
Wappen-Mäntel hervorgegangen sind. Das zwischen den Pflugschaaren oder
sonst in der Umschrift stets vorkommende S ist wohl die derzeit gewöhnliche
Abkürzung fur "Sigillum".
Die Abbildungen Nr. 7 und 9 zeigen
zü verschiedenen Zeiten zwei Siegel Erichs, Nr. 8 das Siegel Hermanns, die in
mehrfachen Abdrücken im Provinzial Archiv zu Magdeburg vorhanden sind. Nr. 10 und Nr. 11
fallen bereits in das 15te Jahrhundert. Es sind die Siegel Carl's und
Hansen's, und an ihnen sehen wir, indem die Richtung der Pflugschaaren eine
verschiedene ist, dass auch noch zu jener Zeit auf ein gar zu genaues
Festhalten der Einzelheiten in der Zeichnung kein grosser Werth gelegt wurde,
indem man zufrieden war, das Wappenbild in erkennbarer Art dargestellt zu
haben, gleichviel ob die Lage der einzelnen Bilder in Kleinigkeiten von
einander abwich.
Die Siegel-Abdrücke von, Nr. 1 bis 3 sind die
der beiden Bischöfe aus Krosigkschem Geschlechte. Wer sich der Kirche
weihete, trat aus der Familie und erst in viel späterer Zeit, als der, in
welcher Jene zu Halberstadt regierten, finden wir in den Siegeln der
Kirchen-Fürsten die Wappen ihrer Familien aufgenommen.
Nr. 1 ist das grosse Siegel Dietrich's, welcher von 1180 bis 1193 als
Bischof von Halberstadt fungirte und stellt dasselbe ihn mit den Attributen
seiner Würde auf dem mit Hundeköpfen verzierten bischöflichen Sessel sitzend
dar. Dasselbe befindet sich in Wachs unter verschiedenen seiner Erlasse
vollständig gut erhalten, doch wechselte er zuweilen mit einem anderen Stempel,
der in selbiger Grösse in der Zeichnung sich nur darin von diesein
unterscheidet, dase auf ihm der Bischofstab im rechten Arme ruht, während ihn
hier die rechte Hand umfasst hält.
Den Ursprung des Namens Krosigk diplomatisch nachzuweisen,
scheint eben so unmöglich, wie den des Wappens thatsächlich
festzustellen. Croissy und Croisic in der Bretange ist bereits oben als
erwiesener Fabel erwähnt worden. Ebenso ist der Versuch, den Namen in
Verbindung mit dem Wappen auf den Ausdruck und die Bedeutung von Kreuzesecke,
Kreuzeck, Kruzek zurück zu führen, mehr geistreich wie sachlich zu
begründen. Diese Vermuthung, wird folgendermaassen ausgeführt: Kreuz von
crux in der Form von craz sei auch in anderen Namen (Cruziger) nicht
ungebräuchlich gewesen, die Endung eck habe sich wie in mehreren anderen Worten
in igk verwandelt; diese Hypothese werde auch unterstützt durch die Lage der
Burg Krozigk. Als äusserst vorgeschobenes Bollwerk des Christenthums
gegen die Heiden sei diese Burg erbaut, als Endpunkt, Ende und Ecke des Kreuzes
und daher Kreuzeck Cruzek genannt worden, welcher Schreibart das Crozuc sehr
nahe liege." König endlich, welcher Ende des 17ten Jahrhunderts lebte,
leitet den Namen der Familie von Grossen Sieg her, welch glorieusen Namen deren
Vorfahren durch tapferen Heldenmuth sich und deren Posterität erworben und der
sich propter euphoniam nach und nach in Grosigk und Krosigk verwandelt habe'
Die einfachste und nach Ort und Zeitverhältnissen die
wahrscheinlichste Annahme ist wohl die, dass die Burg und Herrschaft Krosigk
der Familie den Namen gegeben habe, da im Allgemeinen anzunehmen ist, dass mit
geringen Ausnahmen, zwischen Weser und Elbe die Familien von den Orten,
zwischen Elbe und Oder die Orte von den Familien ihre Namen entnommen
haben. Der Ort selbst in alten Dokumenten und Chroniken Crossewic,
Crosvic, Crosuc und Crosie benannt, deutet auf slavischen Ursprung und mag wohl
schon lange vor der Zeit bestanden haben, in welcher die Familie in jene Gegend
einzog. Vom 11ten bis 13ten Jahrhundert, in welcher Zeit die
Familiennamen sich bildeten und konsolidirten, war die Familie im Besitz jener
Herrschaft, nichts natürlicher als dass sie sich demnach die Herren von Krosigk
nannten und auch nach dem Verlust jener Giiter den bereits stät gewordenen
Namen beibehielten.
Die Schreibart des Namens so wie dieser selbst erfährt im
Laufe der Zeiten mannigfache Wandelungen, was in der geringen Verbreitung der
Schreibekunst und der daraus hervorgehenden Sitte, selbst wichtige Dokumente
nicht eigenhändig zu unterzeichnen, seinen Grund hat Die älteste mir bekannt
gewordene Urkunde, unter welcher ein Krosigk aufgeführt wird, ist vom Jahre
1103, und wird der Name daselbst Crossuc Beschrieben. Im Laufe des 12ten
und Anfang des 13ten Jahrhunderts finden wir ihn unter Dokumenten und von
derzeitigen Schriftstellern fast durchweg als Crozoc, Crozuc und Crozuch, 1156
Guncelinus de Crozuch, 1163 Tidericus de Crozuch u.s.w. In der
Gründungs-Geschichte des Klosters Pegau welche bis zum Jahre 1216 reicht und
dessen Autor daher wohl zu jener Zeit lebte, ist der mehrfach vorkommende Name
stets Crozuch geschrieben, während der wohl nur einige Jahre länger lebende
Verfasser des Chronicon montis sereni bereits Crozuc schreibt. Diese
Variante findet sich auch schon einigte Zeit früber, so 1197, und erhält sich,
hin und wieder mit Crozuch wechselnd, ziemlich konstant bis in das 14te
Jahrhundert. 1242 Albertus de Crozuc, 1264 Bertoldus de Crozuc und eben
derselbe im selbigen Jahr Bertoldo videlicet de Crozuch. Im 14ten und 15ten
Jahrhundert verwandelt sich der Anfangs-Buchstabe C fast allgemein in K, 1314
finden wir Krosuc, 1356 Crosic, 1364 und 1378 in Urkunden mit Wappen-Abdrücken
Krozuk, 1391 Kroswick und Krosyck, 1466 Krosick, 1479 im Lehnsbrief über Stadt
und Schloss Alsleben Kroseck. Im 16ten Jahrhundert verwandert sich das c der
Endsilbe in g, und wechselt Krosegk mit Krosigk vielfach ab, im 17ten
Jahrhundert finden wir Grosigk, Krossigk, bis Anfang des 18ten Jahrhunderts der
Namen Krosigk als allgemein festgestellt, sich von Generation auf Generation
vererbt.
Quelle : Krosigk, Rudolph, von : Nachrichten zur Geschichte des Dynasten- und Freiherrn Geschlechts von Krosigk, Berlin 1856